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Kindorientierte Raumgestaltung

mit Ursula Günster-Schöning

Ursula Günster-Schöning, Expertin für frühkindliche Bildung, teilt ihre Gedanken zur Bedeutung einer kindgerechten Raumgestaltung in Kitas, Kindergärten und Krippen. Sie betont, dass ein Raum nicht nicht wirken kann und dass es entscheidend ist, die Perspektive des Kindes immer in den Mittelpunkt zu stellen.

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Ein Raum kann nicht nicht wirken und deswegen ist es ganz wichtig, mit Blick auf die Perspektive des Kindes sie auch immer in den Mittelpunkt zu stellen, wenn es um die Gestaltung der Räume geht.

Mein Name ist Ursula Günster-Schöning. Ich arbeite als Weiterbildnerin, Coach und Prozessbegleiterin und begleite unterschiedlichste Teams in ganz vielen Bundesländern im Veränderungsprozess. Und vor allen Dingen arbeite ich mit ganz ganz vielen unterschiedlichen Menschen, die alle im Bereich der frühkindlichen Bildung unterwegs sind, weil das ein Herzensthema von mir ist. Ich selber arbeite jetzt schon seit über 40 Jahren in diesem Bereich und das treibt mich nach wie vor immer noch an.

Das Thema Raumgestaltung begleitet mich auch schon über ganz, ganz ganz viele Jahre. Wenn ich manchmal in Räume komme und ich merke, die sind sehr erwachsenenorientiert gestaltet, dann sind Materialien zum Beispiel oben, wo die Kinder nicht alleine dran können und die Kinder müssen dann fragen. Oder es sieht sehr rummelig aus, also unordentlich, wo ich denke, hätte ich hier Lust, mich hinzusetzen und zu spielen? Eher nicht.

Der Raum als dritter Erzieher ist etwas was umgangssprachlich ganz häufig benutzt wird. Das ist die Philosophie, dass der Raum so gestaltet ist, dass er im Grunde wie eine Fachkraft fungiert, dass er die Kinder einlädt, selber aktiv zu werden, dass er lecker ist, also wie ein kleines Buffet, wo die Kinder Lust haben, sich etwas runterzunehmen, etwas auszuprobieren, weil die Materialien schön gestaltet sind.

Er hat eine gute Struktur, dass die Kinder sich sehr selbstwirksam im Raum orientieren können und auch gut ins Spiel finden können. Und ich persönlich finde immer, dass der Raum die Haltung der pädagogischen Fachkraft widerspiegelt, also ihr Bild vom Kind. Ich kann sehen, da hat jemand auch mit Liebe kleine Details geschaffen für die Kinder. Die Kinder können die Materialien ohne große Fragen zu müssen selber nehmen.

Wichtig ist mit Blick auf eine flexible Raumgestaltung und auch mit Blick auf den dritten Erzieher, der muss genauso attraktiv sein wie eine Person, die im Raum ist. Ich würde Flexibilität gleichsetzen mit Kreativität. Ich kann schnell auf Herausforderungen reagieren. Ich kann mich schnell anpassen.

Flexibilität ist auch gerade wichtig mit Blick auf die Heterogenität der Kinder. Kinder sind unterschiedlich, die kommen auch nicht jeden Tag gut gelaunt in die Kita. Manchmal haben sie schlecht geschlafen, manchmal spürt man, sie haben vielleicht zu Hause ein bisschen zu viel Fernsehen geguckt. Sie sind noch sehr aufgeregt. Manchmal erlebt man Kinder, die sind noch müde und kommen noch nicht so richtig ins Spiel. Und da ist es wichtig, flexibel darauf zu reagieren, einmal als pädagogische Fachkraft, aber auch so wie wir die Materialien für sie an dem Tag herrichten oder dass man flexibel ist im Denken und im Handeln.

Ich habe mir das eigentlich für heute vorgenommen. Jetzt merke ich, das geht heute mit den Kindern nicht. Also mache ich was anderes. Und ich finde, so flexibel wie die Erzieherin im Denken sein muss oder der Erzieher, so muss auch der Raum flexibel sein, dass man schnell etwas verändern kann. Ein Regal an die Seite nehmen, ein Teppich auslegen, vielleicht einen Tisch, der zur Höhle wird oder vielleicht Hocker, die eigentlich dafür da sind, dass man sich drauf setzt, um am Tisch etwas zu malen. Ich sage jetzt aber, heute brauchen die Kinder Bewegung. Also bin ich so flexibel, dass ich den Tisch wegnehme und aus den Hockern zum Beispiel eine kleine Balancierstrecke mache.

Jetzt würde ich das gerne einfach mal an einem Beispiel machen. Was bedeutet es, flexibles Möbel im Raum gut nutzbar zu machen? Wo die Erzieherinnen einfach das bedienen können und zwar immer dann, wenn man merkt, ich muss jetzt was verändern, weil das Bedürfnis der Kinder ein anderes ist.

Wir haben jetzt hier gebaut, mit dem kinetischen Sand. Die Kinder haben gespielt. Ich bekomme jetzt mit, das ist einfach jetzt ausgespielt, die Kinder wollen nicht mehr. Ich stehe einfach auf, ich nehme die Platte raus und habe jetzt hier schon wieder eine komplett neue Spielfläche. Und ich nehme jetzt hier einfach ein paar Bälle. Ich habe hier jetzt innerhalb von zwei Sekunden eine hoch flexible Spielfläche geschaffen, ohne mich groß anstrengen zu müssen.

Bei fest eingebauten Einrichtungen erlebe ich das häufig, da ist dann das Ding da an der Stelle und Ende. Das bedeutet für mich, die Erzieherinnen oder die Erzieher, die mit den Kindern in der Gruppe sind, haben nicht große Möglichkeit zu sagen, heute wäre es viel besser, diesen Platz anderweitig zu nutzen. Ich kenne einige Einrichtungen die sich bewusst dagegen entscheiden, gegen feste installierte Einbauten, weil sie einfach sagen, ich kann den Raum nicht mehr multifunktional nutzen. Ich persönlich finde es immer gut, wenn die Räume multifunktional nutzbar sind, dass ich immer wieder überlegen kann, immer wieder die Möglichkeit habe, etwas zu verändern.

Eine sehr spannende Frage. Ich finde, die Möbel müssen mobil sein, das heißt also mit ganz wenigen Handgriffen transportabel sein, auch mit dem Blick auf die Rückenfreundlichkeit der Erzieher, dass die die nicht immer tragen müssen. Sie sollten meiner Meinung nach auch eine gewisse Transparenz haben, dass man sagt, sie können einen bestimmten Bereich abtrennen. Die Kinder können aber auch hindurchschauen. Ein Raumtrainer kann mich aber vielleicht auch einladen, ein bisschen wegzunehmen und trotzdem dabei zu sein, weil ich durchgucken kann. Oder er lädt mich auch ein, hindurchzuwinden, weil eine Lücke entsteht, wo ich dann eingeladen bin, Körper als Lernort nochmal auszuprobieren. Und ich finde, das ist wichtig, dass da drauf geachtet wird.

Wenn das Raumkonzept die Haltung widerspiegelt, die eine pädagogische Fachkraft hat, dann stellt sie eigentlich die Kinder in den Mittelpunkt ihres Denken und Handelns. Und die Perspektive der Kinder zu berücksichtigen bei der Raumgestaltung ist für mich etwas, was an allererster Stelle stehen sollte. Erstens, weil die Kinder ein Recht darauf haben, in einen Raum zu kommen, der für sie schön hergerichtet ist. Ich finde, auch Kinder haben ein Recht auch auf ästhetisch schöne Möbel, auf ästhetisch schöne Materialien, Dinge aus Holz, wo man merkt, die sind mit Liebe auch gemacht worden. Oder kleine nette Details, die die Kinder einladen.

Und das ist für mich etwas, wenn ich in Räume komme, wo ich auch schaue, ist das so? Ich habe, jetzt auf die Perspektive des Kindes zu gehen. Und das ist manchmal schon ganz hilfreich, wenn man durch den Raum mal krabbelt. Also ganz Kleines und dann guckt, was sehe ich auf Augenhöhe der Kinder? Ist das schön? Oder sehe ich auf der Fensterbank schön angerichtete kleine nette Sachen, wie eine Muschel oder ein Stück besonderes Holz oder kleine Autos die ich dann sortieren kann nach Farbe? Also wo ich einfach sehe, die Erzieherinnen haben den Raum für mich so hergerichtet, dass ich als Kind Lust habe, die Schubladen aufzumachen, die Körbe zu nehmen, mich einfach einlassen kann auf alles das, was da ist. Weil ich im Mittelpunkt stand, schon beim Denken und Einrichten des Raumes.

Und deswegen finde ich, das eigentlich mit das Allerwichtigste, immer vom Kind aus zu denken und die Perspektive auch der Kinder einzunehmen. Und deswegen ist es auch wichtig zu gucken, welche Höhe haben die Tische, welche Höhe haben die Schränke, welche kleinen Nischen und Versteckmöglichkeiten gibt es.

Und ein Raum ist immer auch eben etwas, was wirkt. Ein Raum kann nicht nicht wirken. Und deswegen ist es ganz wichtig, mit Blick auf die Perspektive des Kindes, sie auch immer in den Mittelpunkt zu stellen, wenn es um die Gestaltung der Räume geht.

Und wenn ich immer nur von oben auf der Erwachsenenebene auf die Kinder runterschaue, dann sehe ich viele Sachen nicht. Auch zum Beispiel, dass Möbel von hinten vielleicht abgeknibbelte Stellen haben oder dreckig sind. Viel schöner ist es dann, wenn ein Kind um einen Schrank herumläuft, dass es sieht, oh, da ist ein schönes Poster geklebt, da ist ein Spiegel, da kann ich mich noch entdecken, wenn ich um die Ecken schaue. Also dieses Runtergehen auf die Perspektive des Kindes hat ganz viel wieder auch mit Haltung zu tun. Und vor allen Dingen stelle ich wirklich auch das Kind in den Mittelpunkt, sodass sich alles drum herum so ausrichtet, dass das Kind eingeladen wird, mit dem Raum ganz selbstständig zu interagieren.

Wenn man das ernst nimmt, die Kinder im Alltag an der Raumgestaltung zu beteiligen und sie zu integrieren, dann hat das für mich auch etwas mit Respekt vor dem Kind zu tun. Das ist im Prinzip auch bisschen Demokratiebildung. Das ist eigentlich für mich auch etwas, was man in einem Satz sehr schön zusammenfassen kann. Die Kinder beteiligen ja, ohne aber die Verantwortung für ihr Handeln aus der Hand zu geben. Und ich glaube, das ist auch wichtig mit Blick auf Partizipation, dass man Kinder ernst nimmt, sie beteiligt und vor allen Dingen sie auch zu aktiven Gestaltern ihrer eigenen Lern-, Lebenswelt- und auch Spielwelt macht.

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