Verbindungen zu Familien aufbauen
Drei Strategien zur Stärkung der Beziehungen zwischen Familien, pädagogischen Fachkräften und Betreuungseinrichtungen
| September 2025Um 6 Uhr morgens klingelt Hannas Wecker. Sie greift über ihr schlafendes vierjähriges Kind hinüber, das irgendwann nachts zu ihr ins Bett gekrabbelt ist. In der Küche trifft sie auf ihren Mann, der Lunchpakete für die Familie packt. Die beiden besprechen, wer die Kinder heute von der Betreuung abholt, dann fährt ihr Mann zur Arbeit. Während der Busfahrt zu ihrem eigenen Arbeitsplatz erhält Hanna einen Anruf von ihrer Mutter. Ihr Dach sei undicht. Hanna nennt ihr den Namen eines Handwerkers, den sie kennt, doch ihre Mutter macht sich Sorgen um die Kosten. Hannas Vater ist vor Kurzem verstorben, und die Umstellung war für alle schwer. Kurz bevor sie bei der Arbeit eintrifft, bekommt Hanna eine SMS von ihrer besten Freundin, die sie zu einem Familien-Grillfest am Wochenende einlädt. Beim Betreten ihrer Einrichtung trifft sie die Leiterin und erfährt, dass heute ein neues Kind in ihre Gruppe kommt. Hanna begrüßt eine Kollegin, die herzlich lächelt, aber erschöpft wirkt. Sie hat vor einigen Monaten ein Kind bekommen und letzte Nacht kaum geschlafen.
Hannas hektischer Morgen ist nichts Ungewöhnliches – viele von uns interagieren mit vielen verschiedenen Menschen, bevor unser Arbeitstag überhaupt beginnt. Bevor das erste Kind ihren Gruppenraum betritt, hat Hanna schon mit ihrem Mann, ihrer Mutter, ihrer besten Freundin, ihrer Vorgesetzten und ihrer Kollegin gesprochen. Schließen Sie einmal die Augen und denken Sie an die fünf wichtigsten Menschen in Ihrem Alltag, die den größten Einfluss auf Ihren Tagesablauf haben – Ihre „unsichtbare Gemeinschaft“. Das können Ehe- oder Lebenspartner, Kinder, Eltern und Geschwister, Mentoren, Kolleginnen und Kollegen oder andere Menschen sein. Einige dieser Einflüsse sind positiv und hilfreich, andere vielleicht weniger. Stellen Sie sich vor, diese Menschen stünden mit Ihnen in Ihrem Gruppenraum.
Und stellen Sie sich dann vor, dass jedes Kind in Ihrer Gruppe die fünf wichtigsten Menschen in seinem Leben, die den Tag des Kindes auf ihre eigene Weise beeinflussen, mit in den Raum bringt. Der Gruppenraum dürfte schnell sehr voll sein! Dies ist zwar reine Fantasie, aber der Einfluss dieser Menschen ist sehr real. Sie können auf den Tagesablauf, die Interaktionen, die Essgewohnheiten, den Schlafrhythmus und die Fähigkeit der Kinder einwirken, mit ihren Gefühlen umzugehen. Eine Möglichkeit für den effektiven Umgang mit dieser unsichtbaren Gemeinschaft ist die aufmerksame Pflege positiver, herzlicher Beziehungen zu den Familien – den wichtigsten Menschen im Leben der Kinder. Die folgenden drei Methoden helfen Ihnen, Beziehungen aufzubauen, von denen Familien, Kinder, pädagogische Fachkräfte und Einrichtungen gleichermaßen profitieren.
1. Gut zuhören.
Die Kinder treffen morgens nach und nach ein. Hanna weiß, dass dies für einige schwierig sein kann, und bietet eine Vielzahl beruhigender, selbstbestimmter Spielmöglichkeiten an. Diese hat sie bereits vorbereitet, damit sie den Kindern nun beim Übergang zur Seite stehen kann. Ansprechende Aktivitäten wie kreatives Gestalten mit Knetmasse oder Rollenspiele helfen den Kindern, den Tag selbstständig zu beginnen, sodass sich Hanna zwanglos mit den Familien unterhalten kann. Sie spricht kurz mit Mias Familie, die vor Kurzem umgezogen ist, und fragt Maliks Familie nach dem neuen Baby. Heute hat sie auch ein wenig zusätzliche Zeit für Sofia reserviert, das neue Kind in der Gruppe. Sie möchte den Fragebogen für neue Gruppenmitglieder mit Sofias Eltern durchgehen, bevor diese ihn mit nach Hause nehmen.
Gutes Zuhören ist nicht unbedingt ein angeborenes Talent, sondern eine Fähigkeit, die wir entwickeln können. Es gibt konkrete Schritte, mit denen Sie Familien vermitteln können, dass Sie ihnen wirklich zuhören. Beginnen Sie zunächst mit einem ansprechenden Fragebogen für neue Familien in Ihrer Gruppe, auf dem diese Einzelheiten zu ihrem Familienleben mit Ihnen teilen können. Ihre Bereitschaft, jedes Kind und jede Familie willkommen zu heißen, beginnt hier: mit einer flexiblen Möglichkeit, die Familien nutzen können, um über sich selbst zu berichten. (Ein Schulbezirk bittet Familien beispielsweise, die Menschen aufzuführen, die „zusammenleben und Ihren Alltag teilen“, statt die standardmäßigen Leerstellen für „Mutter“ und „Vater“ zu verwenden. So wird allen Familienkonstellationen vermittelt, dass sie willkommen sind und gesehen werden.) Eine weitere wichtige Methode, die einzigartige Familienkultur anzuerkennen, ist die Wertschätzung der zu Hause gesprochenen Sprachen. Sie können Familien vermitteln, dass Sie wirklich zuhören, wenn Sie Ihren Fragebogen und andere wichtige Materialien möglichst in mehr als einer Sprache anbieten. Es gibt noch viele weitere Vorgehensweisen, mit denen Sie Familien zeigen, dass ihr einzigartiger Charakter und ihre individuellen Bedürfnisse geschätzt und berücksichtigt werden. Kleine Schritte können langfristig einen Riesenunterschied ausmachen.
Und im Alltag sind kleine Schritte noch wichtiger. Eine einfache Methode, Zeit für gezieltes Zuhören zu schaffen, sind achtsame Momente beim Eintreffen und Abholen der Kinder. Langfristig können Sie so Möglichkeiten zum Beziehungsaufbau in Ihren Tagesablauf einbauen. Diese Kontakte können zu einem ganz natürlichen Teil der Abläufe zu Beginn und Ende des Tages werden: ausreichend Zeit, um in Ruhe mehr darüber zu erfahren, wie der letzte Abend gelaufen ist oder ob nach Kitaschluss vielleicht etwas Besonderes ansteht. So können Sie Beziehungen zu Familien aufbauen, die dazu beitragen, dass Erfolge gemeinsam gefeiert und Herausforderungen als Team bewältigt werden.
2. Nicht vergessen: Familien kennen ihre Kinder am besten.
Als pädagogische Fachkräfte übersehen wir leicht, welche Erfahrungen die Kinder in den Gruppenraum mitbringen. Doch wie die Übung mit der unsichtbaren Gemeinschaft zeigt, führen Kinder auch außerhalb der Einrichtung ein volles Leben. Und Familien sind das beste Fenster in diese größere Welt.
Neben einem einladenden, flexiblen Einstiegsfragebogen und integrierter Zeit zum Zuhören sollten wir Familien ausreichend strukturierte und unstrukturierte Möglichkeiten geben, über ihr Kind zu sprechen. Pädagogische Konzeption und Abläufe können dazu einladen, mehr Informationen zu teilen. Hier einige Vorschläge, um Familien in den pädagogischen Alltag einzubeziehen:
- Eine Playliste für die Mittagsruhe mit den Lieblingsschlafliedern jedes Kindes oder jeder Familie
- Bilder im Gruppenraum, die die Kinder mit den wichtigen Menschen in ihrem Leben zeigen
- Ein gemeinsames Essen, zu dem Familien ein Lieblingsgericht mitbringen
Neben pädagogischen Aktivitäten könnten Sie auch einen Abschnitt „Aktuelles“ in Ihren regelmäßigen Newsletter aufnehmen – mit offenen Fragen, die Familien dazu einladen, mehr über die Ereignisse zu Hause zu berichten. Hier ein paar Ideen für Fragen:
- Beschreiben Sie den Tagesabschnitt, den Ihr Kind am liebsten mag.
- Welche neuen Fertigkeiten lernt Ihr Kind gerade?
- Was hilft Ihrem Kind, wenn es einen schlechten Tag hat?
- Was möchte Ihr Kind immer wieder tun?
Diese Fragen können wichtige Einblicke in das Temperament und das häusliche Leben der Kinder geben und bieten Gesprächspunkte, um eine Beziehung zu den Familien aufzubauen.
Neben den Informationen, die sie zum Wochenende mit nach Hause sendet, fügt Hanna eine kleine Notiz für Emilias Eltern bei: „Vielen Dank für den Hinweis, dass Emilia von Dinosauriern begeistert ist! Ich habe heute unsere Dinos für eine Sortieraufgabe benutzt, und sie war voll dabei. Und später hat sie die Übung in der Selbstlernzeit noch einmal für sich allein gemacht.“
Anfang der Woche hat Hanna sich von diesem Hinweis inspirieren lassen und Bilder von Dinosauriern nahe der Kreativstation an die Wand gehängt. Mehrere Kinder, auch Emilia, haben die Bilder bemerkt und diese Woche eigene kreative Arbeiten mit Dinosauriern gestaltet.
3. Erfolgsstrategien teilen.
Erfahrene Erziehungskräfte wissen, dass Herausforderungen im Kindergarten oft mit Herausforderungen zu Hause Hand in Hand gehen. In Ihrer Ausbildung haben Sie vielleicht entwicklungsgemäße Strategien für den Umgang mit diesen Herausforderungen kennengelernt, und möglicherweise könnten diese Ansätze auch zu Hause funktionieren. Bieten Sie Familien Ressourcen an, die über die frühkindliche Entwicklung informieren und ihnen helfen, mit den normalen Herausforderungen umzugehen, denen Eltern kleiner Kinder begegnen.
Sie können hilfreiche Tipps in den regelmäßigen Newsletter aufnehmen oder Online-Materialien per Mail oder in den sozialen Netzwerken Ihrer Einrichtung teilen. Wenn viele Kinder in Ihrer Obhut gerade dieselben Entwicklungsphasen durchlaufen (zum Beispiel Zahnen oder Toilettentraining), könnten auch Elternworkshops eine Option sein. Zuverlässige Quellen für hilfreiche Strategien können erheblich zum Aufbau guter Beziehungen zu Familien beitragen. Hier einige gute Quellen für Informationen zu frühkindlicher Entwicklung mit hilfreichen Tipps für Familien:
Aber bitte Vorsicht: Wenn Sie Informationen zu herausforderndem Verhalten teilen, sind Schuldzuweisungen fehl am Platz. Arbeiten Sie stattdessen mit den Eltern auf das gemeinsame Ziel hin, dem Kind zum Erfolg zu verhelfen. Einige Herausforderungen im Gruppenraum können mit Ereignissen zu Hause im Zusammenhang stehen, über die die Familie möglicherweise keine Kontrolle hat. Viele Herausforderungen in der frühkindlichen Pädagogik hängen jedoch auch mit der Entwicklungsphase zusammen. Ihre Bemühungen um gutes Zuhören und das Bewusstsein, dass Familien ihre Kinder am besten kennen, können die Grundlage für die gemeinsame Suche nach der optimalen Lösung bilden – für das Kind, die Familie und Sie als pädagogische Fachkraft.
Hannas Arbeitstag geht zu Ende. Die Kinder wurden abgeholt, und sie räumt auf, bevor sie sich selbst auf den Heimweg macht. Als sie Noahs Kunstprojekt in sein Fach schiebt, fällt ihr ein, dass sich seine Großmutter ein wenig frustriert zum Toilettentraining geäußert und um Rat gebeten hat. Mit der Kommunikations-App ihrer Gruppe leitet sie einen Artikel weiter, der aufzeigt, wann der richtige Zeitpunkt für das Toilettentraining gekommen ist und wie man damit umgeht, wenn ein Kind noch nicht ganz so weit ist. Sie fügt eine kurze Anmerkung hinzu: „Vielleicht hilft dies weiter!“ Hanna schaut sich noch einmal um, bevor sie das Licht ausschaltet und aufbricht, um sich zu Hause um ihre eigene Familie zu kümmern.
Quellenangaben:
M. Forrester und K. Albrecht (2014). Social emotional tools for life: An early childhood teacher’s guide to supporting strong emotional foundations and successful social relationships. Tomball, Texas: Innovations Press.
J. Fiechtner, M. Forrester und K. Albrecht (2018). Five parenting strategies to support emotional development. Tomball, Texas: Innovations Press.